Die Wiege Roms: Der Palatin

Auf dem Palatin, diesem gesondert aufragenden Hügel in beherrschender Lage über dem Tiber, ließen sich in grauer Vorzeit die ersten Siedler nieder. Sie weihten den Hügel ihrem Gott des Ackerbaus, Pales, daher der Name "Palatin". Nach der Überlieferung soll sich hier die erste befestigte Stadt (die "Roma quadrata") befunden haben, die Romulus am 21. April 753 v. Chr. gegründet haben soll. Ganz aus der Luft gegriffen ist dieses Datum allerdings nicht, denn man hat in jüngster Zeit Spuren von Schäferansiedlungen gefunden, die genau bis ins 8.Jh.v.Chr. zurückreichen. Bis in die Zeit des Kaisers Nero stand in der Roma quadrata eine Hütte aus Stroh, angeblich das Haus des Romulus (casa Romuli), das instand gehalten wurde. Die Hütte ist heute verschwunden, aber die Fundamente der Schäferhütten sich noch zu erkennen.
    War zunächst das Tal am Fuße des Palatin Zentrum des öffentlichen Lebens, so verlagerte sich dieses zum Kapitol und zum Forum. Der Palatin wurde zu einer Art heiligem Bezirk mit Tempeln der Victoria und des Jupiter Stator. Heute noch sichtbar sind Reste des Tempels der Kybele, der magna mater, einer geheimnisvollen Mutterfigur. Deren Kult übernahmen die Römer aus dem Mittleren Osten, als sie während des Zweiten Punischen Krieges glaubten, nicht mehr in der Gunst ihrer eigenen Götter zu stehen.
    Am Palatin entstanden die privaten Wohnsitze und Stadtvillen reicher und berühmter Persönlichkeiten. Von den herrlichen Patriziervillen rührt auch das Wort "Palast". Die anderen Bürger verteilten sich auf die restlichen Hügel, während die untersten Klassen sich in der Suburra konzentrierten, einem Armenviertel auf der anderen Seite des Forums.

Der Palatin als Zentrum der Macht

Im Jahr 44 n. Chr.beschloß Caesars Nachfolger Augustus, seinen Wohnsitz auf den Palatin zu verlegen und Apollo einen Tempel zu bauen, der 28 v.Chr. geweiht wurde. Der Tempel war für seine herrlichen Säulen aus farbigem Marmor und Statuen von der Hand der größten griechischen Meister berühmt. Mitte des 19. Jahrhunderts wurde ein Flügel eines größeren Häuserkomplexes Augustus´ ausgegraben. Aufgrund einer Namensprägung in Wasserrohren aus Blei wurde es für das Haus seiner Frau Livia gehalten. Allgemein hält man an dieser Bezeichnung fest. Livias Haus besteht aus einem Innenhof mit Mosaikboden, der von vier Räumen umgeben ist, alle mit Fresken aus der Zeit Kaisers Augustus. Eines davon zeigt ein berühmtes griechisches Gemälde zum Io-Mythos. In diesen Räumen sind auch die berühmten Bleirohre ausgestellt.
    Dem Vorbild Augustus folgten all seine Nachfolger. Neben Gaius Gracchus, dem Helden der Unterdrückten, wohnten auf dem Palatin Marcus Antonius und die Redner und Anwälte Cicero und Hortensius. Allein Julius Caesar hatte es vorgezogen, in der suburra zu leben. Die Herrscher übertrafen sich gegenseitig im Errichten märchenhafter Paläste. Der Palatin wurde zum Palatium. Den ersten richtigen Kaiserpalast ließ Augustus´ direkter Nachfolger  Tiberius bauen. Das Gebäude - man nannte es später "Domus Tiberiana" - wurde von Caligula vergrößert. Anschließend an den Palast befand sich ein Kryptoportikus (geheimer, unter der Erde verborgener Portikus), der zu einem anderen Palast führte. Unter Nero entstand auf dem Palatin das prächtige "Goldene Haus" ("Domus Aurea"), das bis in die Niederungen reichte und welches nach Neros Tod bald zerstört wurde. Der dritte und letzte flavische Kaiser, Domitian, ließ einen neuen Palast errichten, das "Haus der Kaiser" ("Domus Augustana").

Karin Hammerschlag

 
 
Die Götterburg: Das Kapitol

Das Kapitol war seit alters her das politische und religiöse Zentrum Roms. Der Kapitolinische Hügel besteht aus zwei flachen Kuppen, und beide haben in der Geschichte Roms eine Schlüsselrolle gespielt. Nach dem Untergang des Römischen Reiches wurden die prachtvollen Bauwerke auf dem Hügel zum größten Teil zerstört. Lange Zeit diente das Kapitol als Weideplatz für  Rinder und Ziegen. Deshalb wurde es auch im Mittelalter Monte caprino (Ziegenhügel) genannt.
1536 beschloß ein Papst, das alte Tabularium von Grund auf zu renovieren und das gesamte Areal, das Roms große Vergangenheit symbolisierte, glanzvoll wiedererstehen zu lassen. Der Künstler und Architekt, dem diese gewaltige Arbeit anvertraut wurde, war kein Geringerer als Michelangelo. Er verwandelte das alte Staatsarchiv des Römischen Reiches in ein stolzes Renaissancegebäude, dem man den Namen „Palazzo Senatorio" gab. Heute beherbergt es die Amtsräume des Bürgermeisters von Rom. So ist das Kapitol nach wie vor der Sitz  der Herrschaftsgewalt in Rom.
    In der römischen Kaiserzeit war das Kapitol vorallem religiös bedeutsam. Auf diesem herausragendsten der sieben Hügel Roms stand nämlich der prachtvollste, älteste und heiligste Tempel Roms - der Tempel des Jupiter Optimus Maximus. Dieser Tempel war Schauplatz der meisten bedeutenden Staatszeremonien. Leider sind von diesem herrlichen Tempel, dessen vergoldete Dachziegel man sogar von den Albaner Bergen aus in der Sonne funkeln sehen konnte, nur noch Spuren erhalten. In den Kapitolinischen Museen befindet sich ein Marmorrelief, das uns eine vage Vorstellung vom Glanz dieses einzigartigen Gebäudes geben kann. Das Kapitol war aber auch ein politisches Machtzentrum. Auf dem Hügel wurden nämlich wichtige Staatsakte durchgeführt, wie zum Beispiel die Ernennung der Konsulen und der höchsten Beamten, sowie die große Opferzeremonie, mit dem jeder Triumphzug im Jupitertempel beendet wurde.
    Den Zugang zum Kapitol bildet heute die von Michelangelo als Reitertreppe konzipierte Cordonata. Die beiden ägyptischen Löwen zu Füßen der Treppe stammen aus einem Heiligtum der Isis. Auf halber Höhe der Treppe sieht man ein kleines Denkmal für Cola di Rienzo, der als Volkstribun Mitte des 14. Jahrhunderts die republikanischen Traditionen Roms wiederzubeleben versucht und von seinen eigenen Mitbürgern 1354 ermordet wurde. Rechts der Treppe sind Reste der republikanischen Stadtmauer Roms erhalten. Der Gipfelpunkt der Treppe ist von einer Reihe antiker Skulpturen flankiert. Die riesigen Zwillingsstatuen stellen zwei mystische Gestalten dar, Castor und Pollux, die der Legende nach die Römer zum Sieg über ihren König Tarquinius Superbus geführt haben. Gleich anschließend an die beiden Rossebändiger sieht man in Stein gehauene Trophäen, wie sie bei einem römischen Triumphzug mitgeführt wurden, Waffen und Beutestücke, die die Römer den besiegten Barbaren abgenommen haben. Am äußersten Rand stehen die Statuen Kaiser Konstantins des Großen (links), der die Christliche Religion erlaubte, und seines Sohnes und Nachfolgers Konstantius (rechts).
    Die Piazza del Campidoglio stellt eines der ersten - und das wohl herausragendste - Beispiel für einen „modernen" Platz in Rom dar. In der Mitte steht das einzigartige Reiterstandbild des Kaisers Marc Aurel aus dem 2. Jahrhundert nach Christus. Aufgrund starker Umweltverschmutzung mußte es jedoch entfernt und durch eine Kopie ersetzt werden. Die beiden italienischen Palazzi an den Seiten des Platzes (Palazzo Nuovo und Konservatorenpalast) beherbergen die Kapitolinischen Museen. Die im Palazzo Nuovo enthaltene  Skulpturensammlung ist eine der ältesten der Welt und wurde 1471 von Papst Sixtus IV. ins Leben gerufen. Auf der seitlichen Wand des Senatorenpalastes sind die verschiedenen Epochen, in denen das Gebäude entstanden ist, deutlich sichtbar. Die Bekrönung stammt aus der Renaissance, ein Großteil des linken und des oberen Teils der Mauer gehört zu dem mittelalterlichen Gebäude, den rechten und unteren Teil dagegen bilden Überreste des antiken Tabulariums, des gigantischen Staatsarchivs der Römer.
    Das Kapitol ist heute nicht mehr der Götterberg, der es in der Antike war. Der wundervolle Platz mit dem großen Stern in der Mitte ist aber bis heute ein bei den Römern aller Altersgruppen höchst beliebter Treffpunkt.

 Anja Wildhaber

 
 
Der Ort des Handelns: Das Forum Romanum

Das Wort forum, so kann man fast mit Sicherheit sagen, leitet sich von foras, außerhalb, ab und bezeichnete in der damaligen Zeit das Gebiet außerhalb der urbs, bestehend aus Tempeln, Basiliken und Monumenten.
    Während den Anfängen Roms war das Forum nichts weiter als ein kleiner Handelsplatz in einer sumpfigen Gegend, zwischen Palatin, Quirinal und Kapitol, entlang des Tibers. In diesem Tal versammelten sich die umliegenden Schäfer, Bauern und Händler um miteinander Geschäfte zu machen. Nebenbei diente dieses Tal auch noch als Begräbnisstätte, da die Toten, entsprechend einer uralten Regel, nicht innerhalb des Stadtbezirkes bestattet werden durften. Wenig später wurde das Tal durch die Cloaca Maxima, den ersten Abwasserkanal Roms, trockengelegt. Die Kunst des Bauens, die diese Leistung erst ermöglichte, lernten die Römer von ihren nördlichen Nachbarn, den geheimnisumwitterten Etruskern.
    Nun stand dem Aufstieg des Forums nichts mehr im Wege. Es gewann immer mehr an Bedeutung und schon bald diente es als Versammlungsort, ständiges Einkaufszentrum und Gerichtszentrum Roms. Der dafür bestimmte und auch heute noch eindeutig identifizierbare Bereich war das sogenannte Comitium.
Ein Heiligtum der besonderen Art war der Tempel der Vestalinnen, eine einfache, mit Stroh bedeckte Hütte. Die Vestalinnen zählten zu den ältesten Priestergemeinschaften des ursprünglichen Stammes. Ihre Pflicht war es, zur Erinnerung an die Kostbarkeit des Feuers, die ewige Flamme am Brennen zu halten. Auch die Mutter von Romulus und Remus, Rhea Silva, war eine Vestalin.
    Auf der Hauptstraße, der Via sacra, die den Platz in seiner ganzen Länge durchquerte und dann zum Jupitertempel auf dem Kapitol hinaufzog, drängten sich während den Stoßzeiten so große Menschenansammlungen, daß an ein Weiterkommen gar nicht zu denken war. Manchmal kam es auch zu makabren Spektakeln. So z.B., als der Diktator Sulla (1.Jh. V. Chr) die Köpfe seiner Gegner um einen Brunnen auf Pfähle spießen ließ. Nach Caesars Ermordung, am 15.März 44 v. Chr., wurde dessen Leichnam aufs Forum gebracht , wo dann Marc Anton seine berühmte Trauerrede hielt.
    Als das Forum seine Bedeutung als Zentrum der Macht an den Palatin abtreten mußte, nahm seine symbolische Bedeutung immens zu. Neue Tempel, Basiliken und Baudenkmäler entstanden. Alle Kaufläden wurden zu den Kaiserforen verlagert, um Platz für neue Repräsentationsbauten, von Caesar, Augustus und den folgenden Kaisern, zu machen. Augustus, der als Begründer dieses Brauches gilt, ließ an der Stelle, an der der Scheiterhaufen mit Caesars Leiche gebrannt hatte, einen "dem vergöttlichten Caesar" geweihten Tempel erbauen.
    Einige weitere Gedenk- und Ehrenstätten waren: der Vespasian und Titusgeweihte Tempel, der Tempel des Antonius Pius und der Faustina, der Septimius Severus-Bogen, die Reiterdenkmäler Domitians und Konstantins sowie die Ehrensäule des byzantinischen Kaisers Phokas, die erst im Jahre 608 auf dem Forum aufgestellt wurde, also schon lange nach der Blüte des Forums.
    Die Wirren, die das Römische Reich ab der Mitte des 3. Jahrhunderts erfaßten, gingen an der Hauptstadt nicht spurlos vorüber. Im Jahre 283 n. Chr. wurde das Forum bei einem großen Brand zerstört. Unter Kaiser Diokletian konnten zwar umfassende Restaurationsarbeiten vorgenommen werden, doch der Verfall des Forums war nicht mehr aufzuhalten. Barbareneinfälle und die ständige Entnahme von Baumaterial für Privatgebäude und Befestigungen besiegelten das Ende des Forums. Die im Boden der Basilika Ämilia eingeschmolzenen Münzen lassen den Schluß zu, daß beim Sturm der Goten auf Rom unter Alarich (410 n. Chr) die Bankiers und Geldwechsler nicht einmal mehr Zeit hatten, ihre Läden vollständig zu räumen. Innerhalb kurzer Zeit war das Forum ein Raub der Flammen. Eine ähnliche Verwüstung hinterließen die Vandalen unter Gaiserich im Jahre 455.
    Ein weiterer markanter Punkt in der Geschichte des Forums fällt in die letzten Jahre des Reiches. Damals befahlen die christlichen Herrscher, die Tempel zu schließen. Dies war für das römische Volk, das noch immer an den Tempeln hing, ein offener Schlag ins Gesicht. Über Jahrhunderte hinweg waren die Tempel und Bauten des Forums Bestandteil des römischen Lebens gewesen, und nun war alles vorbei. Selbst die Flamme, die tausend Jahre lang gebrannt hatte und die von Vestalinnen bewacht worden war, erlosch. Das Ende des Forums war vorprogrammiert, der Verfall folgte. Man riß ganze Tempel ein, um Baumarterial für neue Bauten zu erhalten, Säulen wurden weggeschleppt. Den Marmor verarbeitete man in Brennöfen zu Kalk. Mit Ausnahme der Ehrensäule für den byzantinischen Kaiser Phokas im Jahre 608 wurden keine weiteren Baudenkmäler mehr errichtet. Die Denkmäler des Forum waren aber so vielfältig und zahlreich, daß sie sich bis ins 10 und 11. Jahrhundert erhielten.
    Das Bodenniveau stieg in den folgenden Jahrhunderten weiter an. Erdreich bedeckte bald das ganze Gebiet, Gras begann zu sprießen und perfektes Weideland entstand. Vom römischen Volk wurde im Mittelalter das ganze Gebiet des einstigen Zentrums der römischen Metropole "Campo Vaccino", Rinderweide, genannt. Erst wieder im 18. Jahrhundert begann man sich wieder für das Forum zu interessieren und die ersten Ausgrabungsarbeiten setzten ein. Mit dem Abtragen der meterdicken Erdschicht kamen viele Gebäude wieder zum Vorschein. Meist waren nur mehr Bruchstücke vorhanden. Trotzdem sind sie unersetzbare Zeugen einer geschichtlich reichen Vergangenheit.

Gandulf Kohlweiss

 
Sport ist Mord: Das Kolosseum

Zwischen dem Palatin, dem Caelius und dem Esquilin erhebt sich das Kolosseum oder richtiger, das flavische Amphitheater, als das bedeutungsvollste Denkmal des antiken Rom. Den Namen Kolosseum verlieh das Volk im Hochmittelalter diesem gigantischem Gebäude. Das flavische Amphitheater wurde im Jahre 70 n. Chr. von Vespasian begonnen und im Jahre 80 n. Chr. von Titus mit zahlreichen Zeremonien und Vorführungen eingeweiht.
    Das Gerüst des Kolosseums wird von Pfeilern und darüberbefindlichen Bögen getragen. Im Erdgeschoß öffnen sich Arkaden, die nummeriert waren. Der doppelte Korridor führt über Treppenaufgänge zu den oberen Stockwerken, die von Arkaden und Säulen getragen werden.
    Im Inneren befand sich die Arena, die mit Holz ausgelegt und mit Sand überschüttet war. Für gespielte Seeschlachten konnte die Arena durch ein verzweigtes Röhrensystem unter Wasser gesetzt werden. Später wurde dieses Röhrensystem entfernt und durch Räume, in denen alles für die Spiele Notwendige vorbereitet war, ersetzt. So wurden auch spezielle Fahrstühle für die Kulissen, Gladiatoren und Raubtiere entwickelt, die sie entweder nach oben oder unten brachten. Von diesen Räumen führten Tunnels zur Gladiatorenschule, dem Lazarett und zum Leichenhaus durch das Tor des Todes.
    Die Sitzplätze waren jeweils für bestimmte Gesellschaftsstände reserviert. Der Eintritt war frei, und jeder hatte Zutritt. Während der Kämpfe wurden die Zuschauer durch ein Metallnetz von der Arena abgetrennt und vor den Raubtieren geschützt. Es durfte auch nicht während der Spiele gegessen werden. Die Zuschauer waren keineswegs der prallen Sonne ausgesetzt. Ein Sonnendach konnte durch ein spezielles System aufgespannt werden. Dafür wurden extra Soldaten der Flotte ausgebildet, die stets in Bereitschaft waren. Das Fassungsvermögen des Amphitheaters betrug ca. 70 000 Personen. Von den 80 Eingängen waren 76 für das einfache Volk bestimmt und einer in jeder Himmelsrichtung für Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens.
    Die Gladiatoren waren stets Freiwillige, Verbrecher oder Personen, die zum Tode verurteilt worden waren. Oberstes Prinzip der Gladiatoren war es, Mut zu zeigen, denn manchmal entschied das Volk über Leben und Tod. Durch das ständige Verletzen und Niedermetzeln von Tieren und Menschen roch es in der Arena immer stark nach Blut. Diesen Geruch konnte man auch durch Öle und Weihrauch nicht vertreiben. Die Spiele führten stets alle Gesellschaftsschichten zueinander. So waren vom Kaiser bis zum Sklaven alle vertreten. Der große Nutzen der Spiele war die Ablenkung von Kriegen und alltäglichen Problemen.

 
Der Platz vor dem Kolosseum

Auf dem Platz vor dem Kolosseum erhob sich der Koloß des Nero, eine über 35 Meter hohe Bronzestatue. Nach dem Tod des Kaisers bekam sie das Aussehen des Sonnengottes, dessen Gesicht periodisch nach dem des Kaisers wechselte. Weiters befand sich vor dem Kolosseum, auf dem Ausläufer des Palatin, der Doppeltempel der Venus und der Roma. Dieser größte unter den Tempeln  Roms wurde im 2. Jahrhundert von Kaiser Hadrian errichtet. Nach einem Brand wurde er wieder aufgebaut. Der Bau des Doppeltempels war zu dieser Zeit eine wahre  Neuheit. Der Tempel erhob sich an dem Platz, wo zuvor das Goldene Haus des Nero stand.
    Auf dem Platz vor dem Kolosseum nahm auch die Via Sacra ihren Anfang, die zum Forum Romanum hinunterführte. Den Beginn dieser berühmten Straße markierte der von antiken Schriftstellern öfters genannte Brunnen Meta Sudante. Das große Wasserbecken hatte die Form einer Elypse und war nach dem Vorbild einer Arena errichtet.
    Den Platz vor dem Kolosseum ziert außerdem noch ein mächtiger Triumphbogen, der sich aber gegenüber dem kolossalen Amphitheater klein ausnimmt. Er wurde zu Ehren des Kaisers Konstantin errichtet, der Rom vom Tyrannen Maxentius Anfang des 4. Jahrhunderts n. Chr. befreite. Zum ersten Mal verwendet man massiv Marmorteile älterer Denkmäler, ein untrügliches Zeichen vom Niedergang der Künste. Nur die horizontal angebrachten Täfelchen, die Episoden aus den Taten des Kaisers darstellen, wurden extra für dieses Denkmal angefertigt.
    Die Römer der Antike sahen genauso wie die heutigen Römer im Kolosseum ein Symbol der Beständigkeit Roms: Solange das Kolosseum steht, geht Rom nicht unter. Die Wirren der Geschichte haben zwar dem flavischen Amphitheater zugesetzt. Trotzdem beeindruckt der unvergleichliche Bau noch immer und zeugt von der einstigen Größe Roms und der überragenden Baukunst seiner Bürger.

Werdnik Rainer

 
Die Engelsburg                                    
Geschichte

Die Engelsburg wurde 135 - 139 n.Chr. als Mausoleum des Kaisers Hadrian erbaut, der die Anlage zu seinen Lebzeiten als Grabstätte für sich und seine Nachfolger plante. Als Architekt wird Demetrianus genannt. Das Mausoleum hatte einen hohen quadratischen Sockel von 89 m Seitenlänge, darauf einen Zylinder aus Travertin- und Tuffquadern, der wahrscheinlich mit Statuen besetzt war. Die Bekrönung bestand aus einem Rundtempel, auf dem eine Bronzequadriga mit der Figur Hadrians als Sonnengott stand. Im Inneren führte eine noch heute begehbare kreisförmige Rampe zur Grabkammer, wo die Kaiser von Hadrian bis Septimus Severus beigesetzt waren.
 Aurelianus, der 271 die Stadtmauer auf das linke Tiberufer ausdehnte, machte aus dem Mausoleum einen Brückenkopf. Im Jahre 590, als die Pest in Rom wütete, sah Gregor der Große über dem Mausoleum eine Erscheinung des Erzengels Michael, der das Schwert des göttlichen Zornes in die Scheide zurücksteckte und so das Ende der Seuche ankündigte. Das Mausoleum trägt seither den Namen "Engelsburg".
 Als militärischer Stützpunkt, der die Kontrolle über die Stadt ermöglichte, nutzte als erster der Gote Totila im 5. Jahrhundert das Mausoleum. Ab dem 10. Jahrhundert war die Burg im Besitz der Päpste und diente als Gefängnis, jedoch in erster Linie als sichere Festung.
Mitte des 15. Jahrhunderts bauten Nikolaus V. und nach ihm Alexander VI. die Anlage zum uneinnehmbaren Refugium der Päpste aus. Alexander legte über der Stadtmauer einen Gang als Fluchtweg vom Vatikan an, der den Namen Passetto trägt und heute noch intakt ist.
 Als Gefängnis wurde die Burg bis 1901 genützt. Noch heute präsentiert sich die Engelsburg als Festung, umgeben von einem quadratischen Mauerring mit Zinnen und Eckbastionen aus der Zeit Alexanders VI., dessen Gründungsschrift unter dem von napoleonischen Truppen zerschlagenen Wappen an der Front zu lesen ist. Im darüberliegenden Zylinder erkennt man noch den römischen Kern mit einem ebenfalls unter Alexander VI. errichteten Ziegelaufbau. Darüber liegen die päpstlichen Appartements, von denen aus sich eine Loggia zum Tiber hin öfffnet. Auf der obersten Terrasse steht eine Bronzestatue des Erzengels Michael, der das Schwert zurück in die Scheide steckt.

Rundgang

Das innere Gefüge des Kastells ist sehr verwirrend. Man betritt zuerst den Cortile del Salvatore, von dem ein Umgang aus der Zeit Bonifaz IX. seinen Anfang nimmt. Vom folgenden Hof aus gelangt man in einen weiten, tonnengewölbten Gang, der ins Innere der Burg führt. In der Nische am Ende dieses Ganges stand ursprünglich die Statue Hadrians. Rechts geht die perfekt erhaltene, tonnengewölbte, antike Rampe ab. Am Ende der Rampe gelangt man zur Treppe Alexanders VI., die den Bau quer durchschneidet. Eine Brücke führt über die Grabkammer im Zentrum der Burg hinweg, wo sich die Urnen der Kaiser befanden. Hier sieht man in einer großen Inschrift die berührenden Worte, die Kaiser Hadrian auf dem Sterbebett an seine Seele gerichtet haben soll:

„Animula vagula blandula
hospes comesque corporis
quae nunc abibis
in loca pallidula rigida nudula
nec ut soles dabis iocas."
Seelchen, freundliches, wanderlustiges Seelchen,
Gefährtin meines Leibes, der dir Gastfreundschaft bot,
jetzt geht es hinab in jene bleichen, herben, kahlen Gefilde,
wo du den Spielen entsagen mußt, die du liebtest.

Folgt man dem Gang, erreicht man den Cortile dell' Angelo, benannt nach dem Marmorengel des Bildhauers  Raffaello da Montelupo, der im 16. Jahrhundert die Burg bekrönte. Im inneren Teil der Burg befinden sich die Säle Clemens VIII. sowie die Sala Pauls III., die mit Grotesken geschmückt sind.
 Eine Tür auf der rechten Seite führt in die Kammer Leos X., in der sich die Marmorgruppe Madonna mit Kind von Raffaello, eine Pietà von Nicola dell'Area und ein Modell eines Engels aus der Bernini-Schule befinden. Gegenüber der Kapelle liegen die beiden Säle Clemens   VII., jeweils mit einem gemalten Fries und einer Kassettendecke ausgestattet. An den Wänden befinden sich Gemälde aus dem 14. und 15. Jahrhundert. Von hier aus gelangt man in den Cortile del Pozzo mit einem Brunnen aus der Zeit Alexanders VII. Vom Cortile del Pozzo führt eine Treppe zur Loggia Pauls III., errichtet von Raffaello da Montelupo und Antonio da Sangallo, links weg führt der Fluchtweg Alexanders VI.. Nach rechts gewandt, passiert man eine Reihe von Räumen, die einst für die päpstlichen Höflinge bestimmt waren und dann als Gefängnis für politische Gefangene dienten. Es schließt sich die Loggia Julius' II. an, die ein schönes Panorama vom Quirinal bis zum Gianicolo bietet. Hinter der Loggia liegt das sogenannte Papstappartement.

Engelsbrücke

Die Engelsbrücke, auch Pons Aelius genannt, nach ihrem Erbauer, Kaiser Aelius Hadrianus, wurde 134 als Zugang zum Handriansmausoleum errichtet. Sie bildete über Jahrhunderte den Zugang zur Peterskirche und war mit Abstand der wichtigste Übergang über den Tiber. Mit ihren sehr hoch ausschwingenden Bögen gilt die Engelsbrücke als die schönste antike Brücke. Original sind noch die drei mittleren Arkarden, die Brückenköpfe hingegen wurden im 17. Jahrhundert durch kleinere Bögen ersetzt und bei der Errichtung der Tibermauern Ende des 19. Jahrhunderts angepaßt. Heute ist die Brücke für den  Autoverkehr gesperrt und daher relativ beruhigt. Die Brücke ist mit kostbaren Statuen von Engeln geschmückt, die die Symbole des Leidens Jesu tragen: Dornenkrone, Geißeln, Kreuz, Lanze und Nägel. Den Anfang bilden die Figuren der Apostel Petrus und Paulus.
 Das ganze Ensemble von Brücke und Burg liegt zwar etwas außerhalb des römischen Stadtzentrums, ist aber wegen der Mächtigkeit seiner Dimensionen unübersehbar. Zusammen mit dem Kolosseum und der Peterskuppel kann dieses Gebäude als wichtigstes Wahrzeichen der Stadt Rom angesehen werden.

Gerd Haberl

 
 
Die Sixtinische Kapelle

Die Sixtinische Kapelle wurde im Auftrag Sixtus' IV. nördlich des Petersdoms von 1473 - 1477 errichtet. Planer war Baccio Pontelli, Bauherr Giovanni de´Dolci. Sie errichteten einen Renaissance-Bau, der nicht nur sakral, sondern auch als Festung benutzt werden konnte. Architektonisch sieht er dem Tempel Salomons (der zerstörte Tempel in Jerusalem) sehr ähnlich. Die Innenseite wird in drei Stockwerke geteilt, von denen sich die Kapelle im zweiten Stockwerk befindet. Direkt im Anschluß an diese befindet sich der Wohntrakt  („piano nobile" ) des Papstes.
 

Die Innenseite Der Kapelle

Der rechteckige Saalraum hat auf den beiden Seitenwänden je sechs Fenster. Die Decke ist ein Tonnengewölbe mit Stichkappen. Der Altar befindet sich im westlichen Teil. Die Kapelle wurde in drei aufeinanderfolgenden Perioden von verschiedenen Künstlern ausgemalt und gestaltet:
    In der ersten Periode schuf Mino da Fiesole die Marmorausstattung: Die mit Reliefs verzierte Sängerkanzel, die Marmorschranke, die das Volk vom Priester trennt, und der Fußboden mit einem Muster aus verschiedenfarbigen Steinen. Zwischen den Fenstern wurden Fresken gemalt, welche die ersten dreißig Päpste darstellen sollen.
    Außerdem wurde ein Freskenzyklus an den Seitenwänden von mehreren Künstlern, wie Botticelli, Perugino, Pinturricchio, Ghirlandaio und Roselli, geschaffen. In diesem Werk werden Ereignisse aus dem Leben Mose solchen aus dem Leben Jesu gegenübergestellt.
    Die Fresken sind in einer Art entstanden, in der man ein «episodenreiches Nebeneinander von Ereignissen» erkennen kann. Zum Beispiel die Bestrafung von Korah, Dathan und Abiron von Botticelli, der bei den vielen Portraits eine ausgezeichnete Beobachtungsgabe zeigte und sehr detailliert  malte.
 
    In der zweiten Periode wurde im Auftrag Julius' II. von Michelangelo die Schöpfung und die Erschaffung des Menschengeschlechtes (von 1508 bis 1512) gemalt. Das Bildwerk wurde vom Künstler in drei inhaltliche Abschnitte eingeteilt. Im Zentrum der Malerei befinden sich neun Mittelfelder. In ihnen wird die Erschaffung der Welt, der Sündenfall und seine Folgen (bis zur Trunkenheit Noahs) in dramaturgisch äußerst ausdrucksstarker Weise geschildert. Einzigartig in der Kunstgeschichte ist die Darstellung der Erschaffung Adams durch die Übergabe des Lebensfunkens in der Berührung mit dem Zeigefinger.
    Rundherum sitzen in gemalten Thronnischen zwölf Propheten und Sibyllen, die Künder und Seher der Rettung des gefallenen Menschengeschlechts. In den Stichkappen und Lünetten des Gewölbes werden die Vorfahren Christi dargestellt.
 
Leo X. bereicherte die Kapelle mit einem 1515 von Raffael entworfenen Teppichzyklus, den er an den Seitenwänden unter den Fresken aufhängen ließ. Die Teppiche stellen die Gründung der Kirche und ihre Verkünder dar. Unter anderem sieht man die Schlüsselübergabe an Petrus, die Steinigung des Stephanus und die Bekehrung des Apostels Paulus. Erhaltene Teile dieser Teppiche befinden sich heute nicht nur im Vatikan, sondern auch im Britischen Museum in London.
 

Das Jüngste Gericht (1535 - 1540)

Zwanzig Jahre nach der Vollendung der Deckenfresken wurde wiederum Michelangelo, diesmal von Clemens VII., mit der Gestaltung der Altarwand beauftragt. Diese Wand soll das Jüngste Gericht darstellen. Das ernste Thema kann als ein Hinweis auf die schwierige Situation in der Kirche (Loslösung Heinrichs VIII. von Rom - 1533) gedeutet werden.
    Im Mittelpunkt dieses einmaligen Werkes steht Christus. Darunter öffnet sich ein leerer Raum. Links und rechts wird der ganze himmlische Hof abgebildet: Heilige, Jungfrauen, Propheten, Märtyrer und Apostel. Einige von ihnen erkennt man deutlich an ihren Symbolen, wie zum Beispiel Petrus an seinen Schlüsseln, Andreas am Kreuz, Laurentius am Rost oder Bartholomäus an seiner Haut (diese trägt außerdem die Gesichtszüge Michelangelos). Maria verharrt in ergebener Traurigkeit.
    Von Jesus Christus geht aber auch ein Wirbel aus, der Engel und Verdammte, Dämonen und Gerettete erfaßt. Auf der linken Seite steigen die Auserwählten zum Himmel auf, auf der rechten Seite stürzen die Verdammten in den Abgrund, nach einem vergeblichen Kampf mit den Wächterengeln. Ganz links unten im Fresko ist die Auferstehung der Toten abgebildet. Die Rückkehr zum Leben vollzieht sich unter Qual und Schmerz. Auf der rechten Seite fährt Charon, der Fährmann aus dem Griechischen, die Verdammten mit seinem Boot zur Unterwelt.
    Kurz nach der Fertigstellung dieses Werkes, das am Weihnachtsfest des Jahres 1541 enthüllt wurde, gab es neben überschwenglicher Begeisterung auch schon die erste Kritik. Die einen sahen im Werk den „Gipfelpunkt der ganzen italienischen Malerei" (Vasari). Andere hingegen sprachen von Häresie, da „sich die Nacktheit der Figuren nicht für einen heiligen Ort zieme" (Pietro Arentino).
 

Georg Auernig